Glossar

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Unangemessene Dauer eines Disziplinarverfahrens
In Fällen, in denen eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme geboten ist, ist eine gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK und Art. 19 Abs. 4, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG verstoßende, unangemessene Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 2020 – 2 WD 18.19 – Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 82 Rn. 75 m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kann der für die Verfahrensdauer maßgebliche Zeitraum bereits vor dem Gerichtsverfahren beginnen und ein behördliches Vorschaltverfahren umfassen (vgl. EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 – 8453/04, Bayer/Deutschland – NVwZ 2010, 1015 Rn. 44).
Unverbindlichkeit eines Befehls
Ob ein Befehl im Übrigen rechtmäßig ist, insbesondere ob er eine innerdienstliche Anweisung korrekt umsetzt, ist für seine Verbindlichkeit ohne Bedeutung. Denn § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 SG gilt, sofern ein Befehl nicht ausnahmsweise unverbindlich ist, auch für rechtswidrige Befehle, selbst wenn damit Ordnungswidrigkeiten begangen oder Dienstpflichten verletzt werden (BVerwG, Urteil vom 10. Mai 2022 - 2 WD 7.21 - BVerwGE 175, 118 Rn. 32 m. w. N.). Selbst die Einlegung einer Beschwerde befreit nicht von der Pflicht, möglicherweise rechtswidrige Befehle zu befolgen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 WBO). Sie entfällt erst beim erfolgreichen Antrag auf Aussetzung des Vollzuges nach § 3 Abs. 2 WBO. Unabhängig davon wäre der Soldat von der Verantwortung für die Nichtbefolgung auch nach Maßgabe von § 11 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 SG nicht befreit. Weder wäre ein solcher Irrtum unvermeidbar noch die Einlegung eines Rechtsbehelfes unzumutbar gewesen.

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