Kategorie
Disziplinarrecht – Berufung

Normen:
SG §§ 7, 12, 17 Abs. 2 Satz 1
StGB §§ 15, 16 Abs. 1
StGB 2017 § 176 Abs. 1, § 176a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4
WDO § 16 Abs. 1, § 38 Abs. 1

Leitsätze:
Bestreitet ein Soldat, einen für ein Dienstvergehen wesentlichen Umstand gekannt zu haben, ist über das Vorliegen des Vorsatzes aufgrund einer Gesamtschau aller subjektiven und objektiven Umstände zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2021 – 4 StR 266/20 – StV 2021, 487 Rn. 10).

Die Einstellung eines Strafverfahrens wegen Kindesmissbrauchs nach § 153a Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPO, hindert das Wehrdienstgericht nicht, den Soldaten wegen dieser Tat im Disziplinarverfahren aus dem Dienst zu entfernen.

Vorinstanz:
TDG Süd 3. Kammer, Urteil vom 29. August 2023 – TDG S 3 VL 57/19
Urteil Vorinstanz:
Entfernung aus dem Dienstverhältnis

Volltext:
BVerwG 2 WD 15.23 – Urteil vom 25. Juni 2024

Vorwurf:
Das Berufungsverfahren betrifft den Vorwurf des Kindesmissbrauchs. Im sachgleichen Strafverfahren ging das Landgericht davon aus, dass der von der Staatsanwaltschaft angeklagte schwere sexuelle Missbrauch eines Kindes wegen eines Irrtums des Soldaten über dessen Alter voraussichtlich nicht nachgewiesen werden könne. Das öffentliche Interesse an der Verfolgung des minder schweren Vergehens des sexuellen Missbrauchs einer Jugendlichen könne bei Zahlung von 4 000 € an die Geschädigte entfallen. Nach Überweisung des Betrages stellte das Landgericht das Strafverfahren gemäß § 153a Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO ein. Das Truppendienstgericht hat den Soldaten mit Urteil vom 29. August 2023 aus dem Dienstverhältnis entfernt. Die hiergegen vom Soldaten eingelegte Berufung hatte vor dem 2. Wehrdienstsenat keinen Erfolg.

Verletzte Dienstpflichten:
Pflicht zum treuen Dienen, § 7 SG
Kameradschaftspflicht, § 12 S. 1 SG
Innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht, § 17 Abs. 2 S. 1 SG

Regelmaßnahme (1. Stufe):
Auf der ersten Stufe bestimmt der Wehrdienstsenat zwecks Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen. Dabei entspricht es der Rechtsprechung des Senats, dass ein Soldat durch den bereits einmaligen sexuellen Missbrauch eines Kindes für die Bundeswehr im Grundsatz untragbar wird. Dieser wiegt in der Regel so schwer, dass der Soldat das in ihn gesetzte Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren hat und diesem bei objektiver Betrachtung eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann, der Soldat also aus dem Dienstverhältnis zu entfernen ist. Dies gilt beim schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes erst recht, mag auch eine weniger gravierende Fallkonstellation im Sinne des § 176a Abs. 4 StGB vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Mai 2019 – 2 WD 15.18 – juris Rn. 20 ff. m. w. N.).

Konkrete Maßnahme (2. Stufe):
Entfernung aus dem Dienstverhältnis

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