Datum: 26.05.2011
Gericht: Landgericht Münster
Aktenzeichen: 2 KL2 81 Js 1751/07 – 1/09
Entscheidungsart: Urteil
Vorinstanz: BGH 1 StR 158/08; 1 StR 554/08; 1 StR 205/09
Tenor:
Der Angeklagte A1 ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung und entwürdigender Behandlung.
Von Strafe wird abgesehen.
Der Angeklagte D1 ist wegen entwürdigender Behandlung rechtskräftig zu einer Geldstrafe von sechzig Tagessätzen zu je 40,- € verurteilt.
Er ist außerdem schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung und entwürdigender Behandlung.
Insoweit wird von Strafe abgesehen.
Der Angeklagte F1 ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung und entwürdigender Behandlung.
Von Strafe wird abgesehen.
Der Angeklagte H1 ist wegen Misshandlung rechtskräftig zu einer Geldstrafe von sechzig Tagessätzen zu je 40,- € verurteilt.
Er ist außerdem schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit entwürdigender Behandlung in zwei Fällen sowie Misshandlung in einem Fall.
Insoweit wird von Strafe abgesehen.
Der Angeklagte B1 ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung und entwürdigender Behandlung in drei Fällen.
Von Strafe wird abgesehen.
Der Angeklagte A2 ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung und entwürdigender Behandlung in drei Fällen.
Von Strafe wird abgesehen.
Der Angeklagte G1 ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung und entwürdigender Behandlung.
Von Strafe wird abgesehen.
Die Angeklagten tragen die Kosten der Revision, soweit ihnen diese Kosten nicht bereits hinsichtlich ihrer Rechtsmittel vom Bundesgerichtshof auferlegt worden sind.
Die Kosten des Verfahrens vor der 2. Strafkammer tragen die Angeklagten einschließlich ihrer notwendigen Auslagen.
Die Kosten des Verfahrens vor der 8. Strafkammer werden wie folgt verteilt:
Die Angeklagten A1, D und F1 tragen die Kosten des Verfahrens bis zum Urteil vom 27.08.2007 mit Ausnahme der Auslagen der Staatskasse, die durch die Vernehmung der Zeugen in den Hauptverhandlungsterminen vom 25.04., 07.05., 09.05., 24.05., 30.05., 11.06., 13.06., 20.06., 02.07., 30.07., 01.08., 08.08. und 13.08.2007 entstanden sind. Die ihnen selbst in diesen Hauptverhandlungsterminen entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Der Angeklagte H1 trägt die Kosten des Verfahrens bis zum Urteil vom 26.11.2007 zur Hälfte. Die ihm selbst bis zum 26.11.2007 entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse zur Hälfte, im Übrigen trägt sie der Angeklagte selbst.
Der Angeklagte B1 trägt die Kosten des Verfahrens zu ¾. Die ihm selbst entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse zu ¼, im Übrigen trägt sie der Angeklagte selbst.
Der Angeklagte A2 trägt die Kosten des Verfahrens zur Hälfte. Die ihm selbst entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse zur Hälfte, im Übrigen trägt sie der Angeklagte selbst.
Der Angeklagte G1 trägt die Kosten des Verfahrens zu ¼. Die ihm selbst entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse zu ¾, im Übrigen trägt sie der Angeklagte selbst.
Angewendete Vorschriften:
Für A1, D1, F1 und G1: §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 4, 52, 60 StGB,
§§ 5, 30, 31 WStG
Für H1, A2 und B1: §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 4, 52, 53, 60 StGB, §§ 5, 30, 31 WStG
G r ü n d e:
(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 S. 1 StPO)
I.
1.
Der zur Tatzeit 27 Jahre alte Angeklagte A1 wuchs als einziges Kind seiner Eltern in seinem Geburtsort C auf. Nach Abschluss der Grund- und Realschule begann er eine Lehre als Energieelektroniker, die er nach dreieinhalb Jahren Lehrzeit erfolgreich abschloss. Im Anschluss an seine Lehrzeit war der Angeklagte A1 ein Jahr lang unter Tage tätig, bevor er im Jahre 1998 zur Bundeswehr einberufen wurde. Während des Grundwehrdienstes verpflichtete er sich zunächst für vier, dann für acht Jahre Dienstzeit. Von Mai bis Dezember 2003 war er im Kosovo eingesetzt. Am 31.12.2005 ist der Angeklagte A1 aus der Bundeswehr nach Ende seiner achtjährigen Dienstzeit regulär ausgeschieden. Zuvor hatte er eine Bewerbung als Zeitsoldat für weitere vier Jahre eingereicht. Diese war aber aufgrund der gegen den Angeklagten erhobenen Vorwürfe, die Gegenstand dieses Verfahrens sind, nicht mehr erfolgreich. Bis Oktober 2006 war der Angeklagte A1 arbeitssuchend. Bis zum 30.09.2007 hat er ein Übergansgeld in Höhe von 1.370,00 € erhalten. Seit diesem Zeitpunkt ist er wieder als Energieelektroniker tätig, womit er einen monatlichen Verdienst von circa 1.700,00 € (netto) erzielt. Er hat zwei Kinder, eines davon lebt bei ihm gemeinsam mit der Kindesmutter. Das andere Kind stammt aus einer früheren Beziehung des Angeklagten und lebt bei der Mutter. Der Angeklagte zahlt für dieses Kind 291,00 € Unterhalt im Monat. Er hat circa. 12.000,00 € Schulden, die er in monatlichen Raten in Höhe von 210,00 € abträgt. Daneben zahlt der Angeklagte 650,00 € (warm) an Miete. Strafrechtlich ist der Angeklagte noch nicht in Erscheinung getreten.
2.
Der zur Tatzeit 26 Jahre alte Angeklagte D1 besuchte nach der Grund- eine Gesamtschule, die er nach der zehnten Klasse mit der mittleren Reife abschloss. Im Anschluss absolvierte er eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker und besuchte nebenher ein Jahr lang eine Höhere Handelsschule. Im Jahr 1999 bestand er die Gesellenprüfung, bevor er am 02.05.1999 desselben Jahres zur Bundeswehr eingezogen wurde. Eine Bewerbung als Zeitsoldat war zunächst erfolglos. Aus diesem Grund verlängerte der Angeklagte D1 seinen Wehrdienst auf 23 Monate. Nach Ablauf dieser Zeit wurde der Angeklagte als Soldat auf Zeit (vier Jahre) übernommen. Der Angeklagte schlug die Unteroffizierslaufbahn ein und verpflichtete sich für insgesamt acht Jahre. Zwei Tage vor Beginn eines Feldwebellehrgangs wurde der Angeklagte aufgrund der in diesem Verfahren erhobenen Vorwürfe vom Dienst suspendiert. Letztlich standen diese Vorwürfe auch einer beabsichtigten Verpflichtung für weitere vier (insgesamt also zwölf Jahre) und einer erhofften Übernahme als Berufssoldat entgegen. Ab dem 01.08.2006 begann der Angeklagte D1 eine Ausbildung zum Feuerwehrmann bei der Berufsfeuerwehr in Dortmund. Im Januar 2008 bestand er die Laufbahnprüfung. Eine Übernahme als Beamter kam für die Stadt Dortmund aufgrund des noch anhängigen Strafverfahrens aber nicht in Frage. Der Angeklagte fing deshalb als Werksfeuerwehrmann bei Thyssen-Krupp an. Als Oberfeuerwehrmann verdient er dort monatlich 2.700,00 € (netto). Der Angeklagte hat wieder geheiratet und mit seiner zweiten Frau zwei gemeinsame Kinder. Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner geschiedenen Frau bestehen nicht. Im Zusammenhang mit dem Neubau eines Eigenheims und der Anschaffung von Küche und Pkw sind Kredite aufgenommen worden, wobei sich die monatlichen Belastungen auf insgesamt circa 1.310,00 € belaufen. Strafrechtlich ist der Angeklagte noch nicht in Erscheinung getreten.
3.
Der zur Tatzeit 26 Jahre alte Angeklagte F1 hat ebenfalls nach Grund- und Gesamtschule eine Lehre zum Kfz-Mechaniker gemacht. Da die Einziehung zum Wehrdienst unmittelbar bevorstand, hat er nach erfolgreichem Abschluss seiner Ausbildung in diesem Beruf jedoch keine Anstellung gefunden. Er war deshalb zunächst im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen des Arbeitsamtes tätig, bevor er am 01.11.2000 seinen Wehrdienst begann. Der Angeklagte verpflichtete sich sogleich für eine Dienstzeit von vier, später dann für insgesamt acht Jahre. Nachdem die in diesem Verfahren erhobenen Vorwürfe bekannt geworden waren, wurde der Angeklagte zunächst für mehrere Monate vom Dienst suspendiert, dann an einem anderen Bundeswehrstandort wieder in den Dienst versetzt. Einen Antrag auf Aufnahme in die Feldwebellaufbahn hat der Angeklagte F1 nicht mehr eingereicht, weil er damit rechnete, dass dieser aufgrund der gegen ihn erhobenen Vorwürfe ohnehin keine Aussicht auf Erfolg habe. Im Jahr 2007 war der Angeklagte für vier Monate in Bosnien eingesetzt. Zum 31.10.2008 schied der Angeklagte F1 aus der Bundeswehr aus. Über den Berufsförderungsdienst der Bundeswehr begann er eine Ausbildung zum Physiotherapeuten, die er seit Juli 2009 aus eigenen Mitteln finanzieren musste. Die Abschlussprüfungen bestand er nicht. Derzeit lebt der Angeklagte von staatlicher Unterstützung. Er beabsichtigt, die Prüfungen zum Physiotherapeuten zu wiederholen. Der Angeklagte ist ledig, hat keine Kinder und keine Schulden. Strafrechtlich ist der Angeklagte noch nicht in Erscheinung getreten.
4.
Der zur Tatzeit 23 Jahre alte H1 ist in seinem Geburtsort C aufgewachsen. Nach Besuch der Grundschule schloss er die Hauptschule mit der mittleren Reife ab und begann anschließend eine Lehre als Kfz-Mechaniker, die er mit der Gesellenprüfung Anfang 2000 erfolgreich abschloss. Von seinem Ausbildungsbetrieb wurde der Angeklagte nicht übernommen. Am 01.03.2001 erfolgte seine Allgemeine Grundausbildung bei der Bundeswehr am Standort in Ahlen. Er verpflichtete sich sogleich für vier Jahre, seine Einstellung erfolgte im Rang eines Stabsunteroffiziers. Später erfolgte ein Wechsel in die Feldwebellaufbahn. Von Mai bis Oktober 2003 befand sich der Angeklagte in einem Auslandseinsatz im Kosovo. Eine Ernennung zum Feldwebel erfolgte nicht mehr, da im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Vorwürfen auch seitens der Bundeswehr ein Verfahren gegen den Angeklagten eingeleitet wurde. Am 18.11.2004 wurde der Angeklagte H1 vom Dienst suspendiert, dann kurz vor Weihnachten 2004 wieder in den Dienst versetzt. Am 22.02.2005 erfolgte die fristlose Entlassung aus der Bundeswehr, die allerdings noch nicht bestandskräftig ist, weil im Hinblick auf das Strafverfahren das Verwaltungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ruhend gestellt wurde. Nach seiner Entlassung war der Angeklagte kurz arbeitslos, dann erfolgte über eine Zeitarbeitsfirma eine Vermittlung an die Firma C1, wo er seit dem 22.06.2005 beschäftigt war. Seit dem 01.12.2008 ist er nicht mehr dort, sondern in Hamm als Maschinenschlosser tätig. Seit Anfang 2011 ist der Angeklagte verheiratet. Er hat zwei eigene Kinder, zudem lebt im gemeinsamen Haushalt ein weiteres Kind seiner Frau. Strafrechtlich ist der Angeklagte noch nicht in Erscheinung getreten.
5.
Der zur Tatzeit (knapp) 30 Jahre alte Angeklagte B1 hat die Hauptschule abgeschlossen und danach eine Lehre zum Geräte- und Feinwerkmechaniker absolviert. Die Gesellenprüfung bestand er im Jahr 1995. Im selben Jahr wurde er zum Wehrdienst eingezogen. Nach acht Monaten verpflichtete er sich zunächst für vier, dann für insgesamt zwölf Jahre Dienstzeit. Im Jahr 1999 erfolgte seine Ernennung zum Feldwebel. Aufgrund seiner Ausbildungstätigkeit kam es für ihn letztlich nicht zu einem Auslandseinsatz. Im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Vorwürfen wurde der Angeklagte Steinfort Ende Oktober 2004 für vier Wochen suspendiert, danach an einem anderen Standort wieder in den Dienst versetzt. Nach drei Monaten folgte ein Wechsel in den Berufsförderungsdienst der Bundeswehr. Am 01.04.2005 begann der Angeklagte dann eine Ausbildung zum Rettungssanitäter und Brandmeister bei der Berufsfeuerwehr in S, die er 18 Monate später erfolgreich abschloss. Die reguläre Dienstzeit bei der Bundeswehr endete am 31.03.2007. Bereits seit dem 01.02.2007 hatte der Angeklagte zunächst ein Praktikum bei der Berufsfeuerwehr absolviert, danach dort als Angestellter gearbeitet. Einer Übernahme als Beamter und einer Verlängerung der Anstellung stand dann jedoch das laufende Strafverfahren entgegen. Ab dem 01.10.2007 war der Angeklagte zunächst arbeitslos. Mittlerweile hat er aber eine Anstellung als Rettungssanitäter bei einer freiwilligen Feuerwehr mit hauptamtlichen Kräften gefunden, wo er auch Aussicht hat, als Rettungsassistent tätig zu sein. Sein monatlicher Verdienst liegt bei 1.900,00 € netto. Der Angeklagte B1 ist geschieden und hat mit seiner früheren Frau einen Sohn. Im Februar 2011 ist er Vater eines weiteren Kindes geworden, welches bei ihm und seiner Freundin, der Kindesmutter, lebt. Die monatlichen Belastungen des Angeklagten belaufen sich auf 1.200,00 €. Strafrechtlich ist der Angeklagte bislang nicht in Erscheinung getreten.
6.
Der Angeklagte A2 war zur Tatzeit 29 Jahre alt. Er hat nach Grund- und Hauptschule ebenfalls eine Lehre zum Kfz-Mechaniker gemacht, die er nach dreieinhalbjähriger Lehrzeit im Jahr 1995 abschloss. Im selben Jahr meldete er sich freiwillig zum Wehrdienst, den er zum 01.04.1995 antrat. Er verpflichtete sich sogleich für vier Jahre (Unteroffzierslaufbahn). Mit dem Wechsel in die Feldwebellaufbahn erfolgte eine Verpflichtung für weitere vier, dann für insgesamt zwölf Jahre. Im März 2000 bestand der Angeklagte seine Kfz-Meisterprüfung. Im Jahr 2001 erfolgte seine Ernennung zum Oberfeldwebel, im Jahr 2004 dann zum Hauptfeldwebel. Der Angeklagte wurde zwei Mal im Ausland eingesetzt, nämlich für sieben Monate im Kosovo und für sechs Monate in Afghanistan. Im Oktober 2004 wurde der Angeklagte vom Dienst suspendiert, dann am 22.12.2004 wieder in den Dienst versetzt. Er wechselte ebenfalls in den Berufsförderungsdienst der Bundeswehr, absolvierte zunächst erfolgreich eine Ausbildung bei der Berufsfeuerwehr zum Brandmeister und Rettungssanitäter, danach noch eine Ausbildung zum Rettungsassistenten. Die reguläre Dienstzeit bei der Bundeswehr endete am 31.03.2007. Danach fand der Angeklagte zunächst eine befristete Anstellung bei einer Berufsfeuerwehr. Aufgrund des laufenden Strafverfahrens ist der Vertrag allerdings nicht verlängert worden und auch eine Anstellung bei einer anderen Berufsfeuerwehr nicht zu Stande gekommen. Vom 01.10.2007 bis zum 01.06.2008 war der Angeklagte arbeitssuchend. Sei diesem Zeitpunkt ist er beim DRK als Rettungsassistent tätig, womit er monatlich circa 1.400,00 € verdient. Der Angeklagte ist verheiratet und hat eine Tochter. Schulden hat er nicht. Strafrechtlich ist er bislang noch nicht in Erscheinung getreten.
7.
Der Angeklagte G1 war zur Tatzeit 25 Jahre alt. Er hat nach der Grund- auf der Hauptschule die mittlere Reife erworben, sodann eine Höhere Handelschule besucht, diese jedoch abgebrochen. Eine sich anschließende Lehre zum Kfz-Mechaniker hat der Angeklagte nicht zu Ende geführt, weil sein Lehrbetrieb Konkurs anmeldete. Zum Wehrdienst wurde der Angeklagte am 01.11.2000 einberufen. Er verpflichtete sich für vier Jahre. Nach der Allgemeinen Grundausbildung wechselte der Angeklagte in die Unteroffizierslaufbahn. Zum Unteroffizier wurde der Angeklagte dann am 01.11.2001 ernannt. Am 31.10.2004 ist der nach Ende seiner regulären Dienstzeit aus der Bundeswehr ausgeschieden. Als Vorbereitung für ein sozialpädagogisches Studium absolvierte der sodann ein soziales Jahr im Jugendzentrum. Weil ihm dort signalisiert worden war, dass er aufgrund der gegen ihn erhobenen Vorwürfe im sozialpädagogischen Tätigkeitsbereich keine Aussicht auf eine Anstellung haben würde, verwarf der Angeklagte seine Studienpläne und begann stattdessen eine Lehre zum Trockenbaumonteur, die er nach dreieinhalb Lehrjahren erfolgreich abschloss. Der Angeklagte arbeitet als Trockenbaumonteur und verdient monatlich zwischen 1.400,00 und 1.500,00 € (netto). Er ist seit dem 23.03.2011 geschieden und hat keine Kinder. Im Zusammenhang mit der Scheidung, der Gründung eines neuen Hausstands und dem Erwerb eines Pkw sind Schulden in Höhe von rund 40.000,00 € aufgelaufen. Strafrechtlich ist der Angeklagte ebenfalls noch nicht in Erscheinung getreten.
II.
Feststellungen zur Sache
1.
Die sieben Angeklagten waren als Unteroffiziere in der 7. Kompanie des 7. Instandsetzungsbataillons der Bundeswehr tätig und in der damaligen Coesfelder Freiherr-vom-Stein-Kaserne stationiert. Bei dieser Kompanie handelte es sich um eine reine Ausbildungskompanie, die vom früheren Mitangeklagten T1 geführt wurde. Jeweils zum Quartalsbeginn wurden der Kompanie neue Rekruten zur dreimonatigen Grundausbildung zugewiesen. Zum Stammpersonal gehörten u.a. die früheren Mitangeklagten und rechtskräftig verurteilten R1 und S1, die bereits seit mehreren Jahren in der 7. Kompanie als Ausbilder und im 2. und 3. Quartal 2004 als Zugführer tätig waren. Der Angeklagte A1 war im Rang eines Oberfeldwebels Ende Mai 2004 zur 7. Kompanie versetzt worden und dort im 2. Zug als Gruppenführer eingesetzt. Der Angeklagte D1 gehörte der Kompanie seit Anfang 2004 an, war zunächst als Hilfsausbilder, dann ab dem 2. Quartal als Ausbilder und Gruppenführer im 1. Zug eingesetzt. Der Angeklagte F1 war im 2. Quartal 2004 nicht zur Ausbildung eingesetzt, sondern als Schirrmeister für den Fuhrpark der Bundeswehr tätig. Der Angeklagte H1 ist Ende 2003 im Rang eines Stabsunteroffiziers nach Coesfeld versetzt und dort zunächst als Hilfsausbilder im 2. Zug eingesetzt, dann ab dem 3. Quartal 2004 als Gruppenführer im 3. Zug eingesetzt worden. Der Angeklagte B1 war im 2. und 3. Quartal im Rang eines Oberfeldwebels als Gruppenführer eingesetzt. Der Angeklagte A2 ist im 2. Quartal 2004 zum Hauptfeldwebel befördert worden und zunächst als Gruppenführer im 2. Zug tätig gewesen. Im 3. Quartal 2004 war er stellvertretender Zugführer im 1. Zug. Der Angeklagte G1 ist im Juni/Juli 2004 zur 7. Kompanie versetzt und dort im Rang eines Stabsunteroffiziers als Gruppenführer eingesetzt worden.
2.
Im 2. und 3. Quartal 2004 galt für die Ausbildung der Rekruten die „Anweisung für die Truppenausbildung Nummer 1“ (AnTrA 1), Stand Juni 2001. Sie war im Jahre 2001 herausgegeben worden und regelte Ziel und Inhalt der Allgemeinen Grundausbildung. Eine Ausbildung „Geiselnahme/Verhalten in Geiselhaft“ war in dieser AnTrA 1 nicht vorgesehen. Am 08.7.2004 wurde eine geänderte AnTrA 1 herausgegeben, die zum 01.10.2004 in Kraft getreten ist. Die geänderte Fassung war ab dem 19.07.2004 im Intranet der Bundeswehr abrufbar. Bereits zuvor hatten Lehrgänge im Vereinte-Nationen-Ausbildungszentrum der Bundeswehr in Hammelburg stattgefunden, in denen Zugführer von Ausbildungskompanien für die Ausbildung nach der neuen AnTrA 1 geschult wurden. Die geänderte AnTrA 1 enthielt einen neuen Teil, nämlich die „Basisausbildung EAKK“ (Einsatzvorbereitende Ausbildung für Krisenbewältigung und Konfliktverhütung). Diese sah auch eine zweistündige Unterrichtseinheit über Geiselhaft, Entführung und Gefangenschaft bei Einsätzen sowie Konfrontationen mit Verwundung und Tod und deren Bewältigung vor. Als Ausbildungsform war ausschließlich Unterricht durch den Kompaniechef, aber keine praktische Übung vorgesehen.
Eine praktische Geiselnahmeübung fand nicht in der Grundausbildung der Rekruten, sondern u.a. im Rahmen einer sogenannten „Einsatzbezogenen Zusatzausbildung“ (EbZA) statt. Diese Zusatzausbildung dient der Vorbereitung von Kontingentsoldaten für Auslandseinsätze. Ein Abschnitt der Zusatzausbildung ist eine praktische Übung „Geiselnahme/Verhalten in Gefangenschaft“, welche von der Bundeswehr lediglich an drei Standorten durchgeführt wurde, nämlich im Vereinte-Nationen-Ausbildungs-zentrum der Bundeswehr in Hammelburg und in Wildflecken, sowie – seit Januar 2004 – im Gefechtsübungszentrum des Heeres in Altmark. Diese Übung wurde zuvor im Unterricht besprochen und von Psychologen begleitet und lief dergestalt ab, dass die auszubildenden Soldaten von Bundeswehrangehörigen auf einer Busfahrt „überfallen“ und anschließend zu einer Befragung an einen bestimmten Ort verbracht wurden. Dabei wurden sie physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Die Soldaten hatten jederzeit die Möglichkeit durch Geben eines zuvor besprochenen Handzeichens aus der Übung auszusteigen. Im Anschluss an die Übung wurde diese im Unterricht besprochen.
Die Angeklagten A1, H1 und A2 hatten vor ihren Auslandseinsätzen und vor ihrer Versetzung nach Coesfeld an einer solchen Übung teilgenommen, der Angeklagte G1 absolvierte die Zusatzausbildung erst vor seinem Auslandseinsatz im Jahr 2007.
In der Vergangenheit war es in der Bundeswehr vorgekommen, dass auch außerhalb der genannten drei Ausbildungszentren eine Ausbildung „Geiselnahme/Geiselhaft“ durchgeführt worden war, die bei einigen Teilnehmern zu Anzeichen einer Traumatisierung geführt hatte. Aus diesem Grund hatte das Heeresführungskommando der Bundeswehr in Koblenz mit einem Schreiben vom 26.02.2004 darauf hingewiesen, dass die Ausbildung „Geiselnahme/Geiselhaft“ ausschließlich im Rahmen der Einsatzbezogenen Zusatzausbildung durchgeführt werden dürfe. Zu den im Verteiler genannten Empfängern dieses Schreibens gehörte auch die 7. Panzerdivision, zu der das 7. Instandsetzungsbataillon und damit auch die 7. Ausbildungskompanie in Coesfeld gehörte. Dass die Angeklagten vom Kompanieführer T1 bzw. von den Zugführern über den Inhalt des Schreibens in Kenntnis gesetzt wurden, war nicht festzustellen. Gleiches gilt für den „Befehl 38/10“ vom 12.04.2004, mit dem das Heeresführungskommando u.a. die Ausbildung über das Thema Verhalten in Geiselhaft ausschließlich dem VN-Ausbildungszentrum zugewiesen hat. Auch insoweit ließ sich nicht feststellen, dass den Angeklagten der Inhalt des Befehls vermittelt wurde.
3.
Anfang April 2004 wurden der 7. Kompanie 80 neue Rekruten zugewiesen, die auf zwei Ausbildungszüge verteilt wurden. Zugführer des 1. Zuges war der R1, des 2. Zuges S1. In diesem Quartal kamen die beiden Zugführer auf die Idee, bereits im Rahmen der Allgemeinen Grundausbildung eine Übung „Geiselnahme/Geiselhaft“ durchzuführen.
a.
Vor dem 08.06.2004 fand auf Anordnung von R1 und S1 eine Ausbilderbesprechung statt, an der u.a. die Angeklagten A1, D1, F1, H1 und B1 teilnahmen. Obwohl der Angeklagte F1 damals nicht als Ausbilder tätig war, nahm er an der Besprechung teil, weil der frühere Zugführer R1 ihm gesagt hatte, dass für die Durchführung der Übung noch Personen benötigt würden. Inhalt der Besprechung war der grobe Ablauf der gesamten Übung, zu der u.a auch ein nächtlicher Orientierungsmarsch zählte, den die Rekruten gruppenweise bewältigen sollten. An dessen Ende sollte in Anlehnung an die Übung im Rahmen der Einsatzbezogenen Zusatzausbildung eine „Geiselnahme“ der Rekruten mit anschließendem Verhör an einem anderen Ort statt finden. Weder der Orientierungsmarsch noch die Geiselnahme bzw. das Verhör standen auf dem für die Rekruten einsehbaren Dienstplan.
Die Angeklagten A1, D1, F1, B1 und H1 wurden von den Zugführern für die Überwältigung der Rekruten am Ende des Nachtmarsches im Gelände an einem asphaltierten Wirtschaftsweg in den frühen Morgenstunden eingeteilt. Geplant war, die jeweilige Gruppe von Rekruten etwa durch das Abstellen einer Munitionskiste oder Simulierung einer Unfallsituation auf der Straße abzulenken, sie dann zu überfallen und zu entwaffnen. Sie sollten gefesselt und ihnen die Augen verbunden werden. Sodann sollten sie gemeinsam auf die Ladefläche eines Pritschenwagens verbracht und zu einem Standortübungsplatz gefahren werden, wo in einer Sandgrube das Verhör der Rekruten stattfinden sollte. Für dieses wurde u.a. der frühere Mitangeklagte S2 eingeteilt, dem von dem Zugführer R1 auch gesagt wurde, die Übung solle „wie in Hammelburg“ ablaufen. Ob die fünf genannten Angeklagten diesen Hinweis mitbekommen und ggf. dessen Sinn – D1, F1, und B1 haben die Zusatzausbildung in Hammelburg nicht absolviert – erfasst haben, konnte nicht sicher festgestellt werden. Ob vorab besprochen worden ist, wie das Verhör im Einzelnen durchgeführt werden sollte, konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.
Die erste von insgesamt vier Geiselnahmeübungen fand dann in der Nacht vom 08. auf den 09.06.2004 statt. Am Abend des 08.06.2004 befanden sich die Rekruten auf der Schießbahn und absolvierten ein nach dem Dienstplan vorgesehenes Schießen. Gegen Ende des Nachtschießens kamen sodann die beiden Zugführer R1 und S1 mit dem Geländewagen zur Schießbahn. Sie trugen Tarnschminke im Gesicht, waren gefechtsmäßig ausgerüstet und ließen die Rekruten antreten. Diesen teilten sie sodann eine Lage mit, wonach Terroristen im Raum Coesfeld gesichtet worden seien und das Gebiet bestreift werden müsse. Die Rekruten, die ihr gesamtes Marschgepäck und ihr Gewehr bei sich hatten, kehrten daraufhin zunächst in die Kaserne zurück, wo sie noch Manövermunition aufnahmen. Anschließend begaben sie sich gruppenweise, zeitlich versetzt auf den Weg, wobei die planmäßigen Gruppenführer nicht mit marschierten. Was am Ende des Orientierungsmarsches auf die Rekruten zukommen würde, wurde ihnen nicht mitgeteilt.
Die Übung wurde dann gemäß dem vorbesprochenen Verlauf durchgeführt, wobei vor Beginn des Überfalls der Rekruten die hierfür eingeteilten Soldaten, unter ihnen die fünf genannten Anklagten, von den Zugführern noch einmal im Detail in ihre Aufgaben eingewiesen wurden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt besprachen die fünf Angeklagten A1, D1, F1, H1 und B1 mit weiteren Ausbildern, für die Fesselung der Rekruten nach deren Überwältigung Kabelbinder zu verwenden, die zur Überfallstation gebracht worden waren. Die Kabelbinder sollten möglichst über der Kleidung oder über den Handschuhen angelegt, zum anderen sollten sie nicht zu eng zugezogen werden, um zu verhindern, dass sie in die Haut schnitten. Das Überfallkommando richtete den Hinterhalt im Gelände ein und wartete sodann auf die erste Gruppe Rekruten, die planmäßig gegen 03:00 Uhr eintreffen sollte. Weil sich einzelne Gruppen auf dem Orientierungsmarsch verlaufen hatten, verzögerte sich allerdings der geplante Ablauf.
Als die Rekruten schließlich den geplanten Hinterhalt erreichten, wurden sie teilweise durch eine auf die Straße platzierte Munitionskiste abgelenkt. Bei einigen Gruppen legte sich auch der Angeklagte B1 auf die Straße und simulierte einen Verletzten. Die „Angreifer“, unter ihnen die fünf genannten Angeklagten, nutzten den Moment, als sich die Rekruten der Kiste bzw. dem Verletzten näherten, um sie überwältigen. Sie kamen schreiend und mit Manövermunition schießend aus ihrer Deckung, wobei sie zwar Bundeswehrkleidung trugen, teilweise aber ihre Dienstgradabzeichen oder Namensschilder entfernt hatten. Ihre Gesichter waren mit einem Schal, einem Mückenschleier oder einer Mütze vermummt. Sie forderten die Rekruten teils auf Englisch, teils auf Deutsch auf, ihre Waffen abzulegen, sich hinzuknien und die Hände in den Nacken zu nehmen.
Die Rekruten waren im Allgemeinen zu überrascht und – nach rund 24 Stunden Dienstzeit mit einem mehrstündigen Orientierungsmarsch – auch zu erschöpft, um noch nennenswerte Gegenwehr zu leisten. Der Aufforderung, sich zu ergeben leisteten die Rekruten zu einem ganz überwiegenden Teil Folge. Bei manchen Rekruten mussten die fünf genannten Angeklagten allerdings mit körperlichem Druck nachhelfen. Auch gab es Rekruten, deren aktiver Widerstand gebrochen werden musste. Bei diesen körperlichen Auseinandersetzungen erlitt zumindest einer der Rekruten körperliche Schmerzen.
Sobald alle Rekruten der jeweils überfallenen Gruppe entwaffnet und auf der Straße gesammelt worden waren, wo sie sich hinknien oder auf den Bauch legen mussten, wurde ihnen die gesamte persönliche Ausrüstung abgenommen und diese in einzelnen Säcken verstaut. Ihre Hände wurden auf dem Rücken mit den Kabelbindern gefesselt, wobei die Ausbilder größtenteils darauf achteten, dass die Kabelbinder nicht zu stramm anlagen. Der Zeuge U1 wurde von dem Angeklagten H1 gefesselt. Nachdem er ihm die Kabelbinder angelegt hatte, fragte er ihn, ob sie zu fest säßen. Der Zeuge U1 entgegnete daraufhin, es sei „o.k.“. Daraufhin zog der Angeklagte H1 bewusst die Kabelbinder noch fester zu, so dass sie nunmehr zu stramm saßen und dem Zeugen Schmerzen verursachten. Auf entsprechende Beschwerden des Angeklagten reagierte der Angeklagte nicht mehr. Bei einigen anderen Rekruten verursachten die Kabelbinder Druckstellen an den Handgelenken oder das spätere Trennen der Kabelbinder Kratzer bzw. kleine Schnittwunden. Die Augen der Rekruten wurden mit einem Dreiecktuch, teilweise auch mit einem Wäschesack verbunden bzw. verdeckt.
Nach dem Überfall auf eine Gruppe – um welche Gruppe es sich handelte, ist offen geblieben – stellte der Angeklagte D1 einem Rekruten, der mit gefesselten Händen und verbundenen Augen auf dem Bauch auf der Straße lag, seinen rechten Fuß auf den Rücken. In der rechten Hand hielt er sein Gewehr, die linke Faust reckte er in die Höhe. In dieser Pose – vergleichbar einem Jäger, der seine Beute präsentiert – ließ er sich sodann fotografieren.
Nachdem sämtliche Rekruten auf die vorstehende Art und Weise außer Gefecht gesetzt worden waren, wurde ein weißer Mercedes Sprinter herangefahren. Anschließend wurden die Rekruten u.a. von den Angeklagten A1, D1, F1, H1 und B1 gruppenweise auf den Pritschenwagen verladen. Da den Rekruten dabei nach wie vor die Augen verdeckt waren, führten die Verladeaktion und der anschließende Transport bei einigen Rekruten zu schmerzhaften Stößen. Die Rekruten wurden in langsamer Fahrt zum Standortübungsplatz, der etwa 2 km vom Überfallort entfernt lag, verbracht. Bei diesen Fahrten fuhr jeweils einer aus dem Überfallkommando auf der Ladefläche mit, um für Ruhe unter den Rekruten zu sorgen. Nach fünf bis zehn Minuten Fahrt traf der Pritschenwagen auf dem Übungsgelände an der Sandgrube ein, wo die Rekruten u.a. von dem früheren Mitangeklagten und rechtskräftig Verurteilten S2 in Empfang genommen wurden.
Die Rekruten wurden einzeln von der Ladefläche geholt und dann in einen zuvor mit Stacheldraht abgetrennten Bereich gebracht. Dort wurden sie dann zunächst ganz allgemein befragt, wer Gruppenführer und wer Zugführer sei, wie stark ihre Gruppe sei, welchen Auftrag sie hätten. Die Rekruten reagierten auf die Befragungen unterschiedlich. Manche gaben nicht ernst gemeinte Antworten, andere gaben an, sie wüssten die Antwort nicht, wiederum andere antworteten wahrheitsgemäß. Der größte Teil aber schwieg, um niemanden zu verraten. Um diese Rekruten und diejenigen, die keine zufriedenstellende Antwort gegeben hatten, zu seiner solchen zu bewegen, wurden sie unterschiedlichen „Behandlungen unterzogen“. Einige musste verschiedene Zwangshaltungen einnehmen. So musste sich ein Teil der Rekruten in einer Entfernung von etwa einem Meter einem Kameraden gegenüber hinknien. Sodann wurden beide mit dem Oberkörper soweit nach vorne gezogen, bis sich ihre Helme berührten. Wenn einen der Rekruten die Kräfte verließen und er umfiel, fiel auch der andere Kamerad mit um, wobei die Rekruten nachwievor gefesselt waren und sich deshalb nicht abfangen konnten. Eine Variation dieser Haltung bestand darin, einen Rekruten an einen Baum zu stellen, ihn sich mit dem behelmten Kopf daran anlehnen zu lassen und sodann seine Füße soweit zurückzuziehen, bis es für ihn zu anstrengend wurde, diese Position zu halten. Wieder andere Rekruten wurden von den Fesseln befreit und mussten Liegestütze oder Kniebeugen machen oder über längere Zeit einen Baumstamm halten.
Bestandteil des „Verhörs“ waren auch simulierte Erschießungen. Mit einer von dem früheren Mitangeklagten S2 zuvor zur Sandgrube gebrachten Kübelspritze wurde ein Teil der Rekruten nass gemacht. Einigen wurde Sand unter die (nasse) Kleidung geworfen. Auch wurde einigen Rekruten mit Hilfe der Kübelspritze gewaltsam Wasser in den Mund, die Nase oder/und in die Hose gepumpt. Einigen Rekruten wurde während des Verhörs gesagt, sie bräuchten nur das Wort „Tiffy“ sagen, dann sei die Übung für sie beendet. Das Wort Tiffy war in der Kompanie als Synonym für „Schwächling“ unter den Rekruten in der Grundausbildung bekannt. Gleichwohl machten einige Rekruten von dieser Möglichkeit Gebrauch.
Das Verhör einer Gruppe dauerte etwa 30 Minuten, dann wurde in der Regel schon die nächste überfallene Gruppe von Rekruten mit dem Pritschenwagen zum Übungsplatz gebracht. Für die vorherige Gruppe war die Übung dann beendet. Sie wurden – soweit noch nicht geschehen – von den Kabelbindern und den Augenbinden befreit und durften sich im an den Übungsplatz angrenzenden Wald ausruhen sowie Verpflegung zu sich nehmen. Während der Befragung der letzten oder vorletzten Gruppe in der Sandgrube war auch der Kompaniechef T1 anwesend, der sich gemeinsam mit dem Zeugen E1 das Geschehen anschaute.
Die Angeklagten A1, D1, F1 und B1 haben an den Verhören in der Sandgrube selbst nicht mitgewirkt. Ob sie wussten, wie sich der oben beschriebene Ablauf der Verhöre konkret darstellte, konnte nicht positiv festgestellt werden. Lediglich der Angeklagte H1, der bei dem Transport einer Gruppe von Rekruten zur Sandgrube auf der Ladefläche des Sprinters mitgefahren war, hat eine Befragung mitbekommen und sich hieran auch aktiv beteiligt. Während der Zeuge U1, der zuvor mit der Kübelspritze nass gemacht und dem Sand unter die Kleidung geworfen worden war, einen kleinen Baumstamm hielt, wurde dieser auch von dem Angeklagten H1 befragt.
Im Anschluss an die Übung gab es noch eine Nachbesprechung, in welcher die Zugführer den Rekruten sagten, was diese falsch gemacht hätten. Die meisten der insgesamt 55 Rekruten, die an der Übung teilgenommen haben, empfanden diese nicht als schlimm, teilweise bezeichneten sie diese sogar als „Highlight“ ihrer Grundausbildung.
b.
Anfang des dritten Quartals 2004 begannen in der 7. Kompanie in Coesfeld weitere circa 150 bis 160 Rekruten mit der Allgemeinen Grundausbildung. Die Rekruten wurden auf drei Ausbildungszüge verteilt. Zugführer des 1. Zuges war R1, des 3. Zuges S1 und des 2. Zuges zumindest zeitweise der ebenfalls rechtskräftig Verurteilte W1. Nach Planung der Zugführer R1 und S1 sollten auch in diesem Jahr Geiselnahmeübungen stattfinden. Im Gegensatz zu der Übung im Juni 2004 sollte die Übung allerdings für jeden Zug gesondert durchgeführt werden und zwar für den 3. Zug am 24./25.08.2004, für den 2. Zug am 31.08./01.09.2004 und für den 1. Zug am 01./02.09.2004.
Vor dem 24.08.2004 fand wiederum eine Ausbilderbesprechung statt, an der u.a. die Angeklagten H1, A2 und G1 teilnahmen. Der Ablauf der Übung sollte ungefähr demjenigen der bereits durchgeführten Übung entsprechen. Um Verzögerung beim nächtlichen Orientierungsmarsch zu vermeiden, sollten die Rekruten allerdings von ihren planmäßigen Gruppenführern begleitet werden. Diese sollten dann während des Marsches ausfallen. Danach sollte einer der Rekruten die Gruppenführung übernehmen. Als letzte Station des Marsches war wiederum ein Überfall der Rekruten gruppenweise vorgesehen. Anschließend sollten sie mit dem Pritschenwagen zum Verhör verbracht werden, welches allerdings nicht in erneut in der Sandgrube, sondern in einem Keller auf dem Kasernengelände stattfinden sollte.
Der Angeklagte H1 war an der ersten Übung im dritten Quartal (3. Zug) als Gruppenführer beteiligt, der während des Marsches seiner Gruppe ausfiel, aber mit dafür sorgte, dass diese in den vorab mit den übrigen Ausbildern abgesprochenen Hinterhalt lief. Später half er auf dem Kasernengelände beim Abladen der Rekruten von dem Pritschenwagen und forderte manche Rekruten, denen noch die Augen verbunden waren, auf, von der Ladefläche zu springen. Die Rekruten fielen dann, was sie nicht wussten, auf eine zuvor vor die Abladekante deponierte weiche Sportmatte. Der Angeklagte G1 war an den Überfällen und der Überwältigung der Rekruten beteiligt, wobei die Geiselnahme auf der bereits oben beschriebenen Art und Weise erfolgte. An den Verhören, die entsprechend der Übung im Juni abliefen, waren die Angeklagten G1 und H1 nicht beteiligt. Dass sie wussten, auf welche Art und Weise die Verhöre durchgeführt wurden, konnte nicht festgestellt werden. Der Angeklagte A2 war zwar für das Verhör im Keller eingeteilt. Er besprach auch mit anderen Ausbildern, wie der Verhörraum einzurichten sei. Er nahm dann aber an dem Verhör nicht mehr teil, nachdem am Morgen des 25.08.2004 bis 06:30 Uhr immer noch keine Rekruten eingetroffen waren, weil er eine Unterrichtseinheit für den 2. Zug zu leiten hatte.
c.
Bei der dritten Übung (31.08./01.09.2004) waren die Angeklagten B1 und A2 an dem Überfall der Rekruten beteiligt, der sich wiederum entsprechend der vorangegangenen Übungen darstellte. Bei dieser Geiselnahmeübung wurden Rekruten im Rahmen des Verhörs u.a. von dem früheren Mitangeklagten S2 erstmals mit (leichten) Stromschlägen mittels eines Fernmeldesprechers traktiert. Dass die Angeklagten B1 und A2 vorab hiervon etwas gewusst oder während der Übung solche Handlungen mitbekommen haben, konnte nicht festgestellt werden.
d.
Bei der vierten Übung (01./02.09.2004) war der Angeklagte B1 wiederum an dem Überfall der Rekruten beteiligt. Der Angeklagte A2 ist mit den Zugführern R1 und S1 Marschüberwachung gefahren, wobei u.a. auch die Überfallstation angesteuert wurde. Bei den Verhören im Kasernenkeller wurden einigen Rekruten mittels eines Fernmeldesprechers erneut (leichte) Stromschläge versetzt. Dass die Angeklagten B1 und A2 hiervon etwas gewusst haben, konnte nicht festgestellt werden.
e.
Allen sieben Angeklagten war vor und während ihrer jeweiligen Beteiligung an den Übungen klar, dass deren Durchführung zumindest für einen Teil der Rekruten zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung ihres körperlichen Wohlbefindens führt. Ihnen war auch bewusst, dass das Verladen der gefesselten Rekruten wie Ware auf einen Pritschenwagen, der Transport und das sich anschließende Verhör im Ergebnis auf eine Degradierung der Rekruten zu einem bloßen Objekt hinausläuft. Beides nahmen die Angeklagten zumindest billigend in Kauf. Schließlich war es nach den ihnen bekannten Umständen auch offensichtlich, dass die Übung rechtswidrig war.
f.
Wegen der näheren Einzelheiten zum äußeren Tatgeschehen wird Bezug genommen auf die Urteile der 8. Strafkammer des Landgerichts Münster vom 27.08.2007 (Az.: 8 Kls 81 Js 1751/07 – 33/07), vom 26.11.2007 (Az.: 8 Kls 81 Js 2660/07 – 40/07) und vom 12.03.2008 (Az.: 8 Kls 81 Js 1837/04 – 25/05). Die darin enthaltenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen sind in den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 14.01.2009 (Az.: 1 StR 158/08 und Az.: 1 StR 554/08) und vom 28.10.2009 (Az.: 1 StR 205/09) ausdrücklich aufrechterhalten worden.
III.
Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten und ihrem beruflichen Werdegang beruhen auf den glaubhaften Einlassungen der Angeklagten. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen beruhen zu einem ganz wesentlichen Teil auf denjenigen, welche die 8. Strafkammer des Landgerichts Münster in den oben genannten Urteilen getroffen hat und die vom Bundesgerichtshof aufrechterhalten worden sind (s.o.). Die Urteile des Landgerichts und des Bundesgerichtshofs sind in der Hauptverhandlung verlesen bzw. im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt worden.
Dass alle Angeklagten es für möglich hielten, dass die Durchführung der Übung zumindest für einige der Rekruten schmerzhaft verlaufen würde und sich die Angeklagten hiermit abgefunden haben, folgt aus dem äußeren Tatbild. Den Angeklagten war klar, dass die sich an einen Nachtmarsch anschließende Übung für die Rekruten einen erheblichen physischen und psychischen Stress bedeutete, der über dasjenige Maß hinausging, welches mit in der Grundausbildung vorgesehenen Übungen üblicherweise verbunden war. Es lag auch von vornherein auf der Hand, dass sich zumindest einige Rekruten zur Wehr setzen und es jedenfalls in diesen Fällen zu schmerzhaften Auseinandersetzungen kommen würde. Kabelbinder mögen zu einem ganz überwiegenden Teil so zugezogen worden sein, dass sie nicht unmittelbar in die Haut schnitten. Gleichwohl handelte es sich nicht etwa um eine nur kurzzeitige Fesselung. Vielmehr blieben die Rekruten noch während der Überfahrt zum Verhör gefesselt, so dass sie sich nur eingeschränkt auf der Ladefläche abstützen konnten, teilweise gegeneinander stießen und übereinander lagen. Hiermit haben sich die Angeklagten abgefunden. Allein das Verladen der Rekruten, deren Augen verbunden waren, wie Ware auf die Ladefläche des Sprinters stellte sich für die Angeklagten im Übrigen als die Rekruten herabwürdigende Handlung dar, welche die Angeklagten zum Zwecke der Durchführung der Übung, insbesondere auch zur Ermöglichung der sich anschließenden Verhöre billigend in Kauf nahmen.
Die Feststellungen zu den Vorstellungen der Angeklagten betreffend die Rechtmäßigkeit der Übung für die Rekruten beruhen auf der geständigen Einlassung der Angeklagten. Die Angeklagten gingen zwar zutreffend davon aus, dass die Übung vom Kompaniechef T1 abgesegnet worden war. Die Angeklagten wussten aber ihrer glaubhaften Einlassung nach auch, dass eine solche Geiselnahmeübung nicht Bestandteil der Allgemeinen Grundausbildung und mit den darin vorgesehenen Übungen auch nicht vergleichbar war. Ihnen war bekannt, dass eine Änderung der AnTrA 1 bevorstand und dass zukünftig das Thema Geiselnahme/Geiselhaft darin erfasst werden sollte. Ihnen war aber klar, dass jedenfalls die damals gültige Fassung der AnTrA 1 eine Geiselnahme und ein Verhör weder in theoretischer und noch in praktischer Form vorsah.
IV.
Rechtliche Würdigung
Die Angeklagten haben sich nach den Feststellungen einer mittäterschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB in Tateinheit mit Misshandlung gemäß § 30 Abs. 1 WStG und entwürdigender Behandlung gemäß § 31 Abs. 1 WStG schuldig gemacht. Entsprechend der jeweiligen Beteiligung an den einzelnen Übungen gilt dies für die Angeklagten A1, D1, F1 und G1 in einem Fall, für den Angeklagten H1 in zwei Fällen und für die Angeklagten A2 und B1 in drei Fällen, wobei der Angeklagte D1 wegen entwürdigender Behandlung, der Angeklagte H1 wegen Misshandlung in einem Fall durch die 8. Strafkammer des Landgerichts bereits rechtskräftig verurteilt worden sind.
Das Überfallen und Überwältigen der Rekruten, ihre Fesselung mit Kabelbindern über einen erheblichen Zeitraum, das Verbinden der Augen, das Verladen auf die Ladefläche eines Transporters und der sich anschließende Transport, stellen für sich genommen schon eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Rekruten gemäß § 223 Abs. 1 StGB, § 30 Abs. 1 WStG dar (vgl. BGH NJW 2009, 1360, 1363). Die Fesselung, das Verbinden der Augen, das Verladen der Rekruten „wie Ware“ auf die Ladefläche eines Pritschenwagens sind auch als entwürdigende Behandlungen im Sinne von § 31 Abs. 1 WStG zu bewerten (vgl. BGH NJW 2009, 1360, 1366). Die Angeklagten handelten insoweit mit weiteren (Hilfs-)Ausbildern gemeinschaftlich im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB und bedingt vorsätzlich. Da das Überwältigen und der Transport der Rekruten sowie das sich anschließende Verhör eine einheitliche Tat darstellen (vgl. BGH NJW 2009, 1360, 1363), ist es für ihre Strafbarkeit gemäß der genannten Vorschriften unerheblich, dass den Angeklagten zumindest das im Rahmen des Verhörs erfolgte gewaltsame Pumpen von Wasser in Mund und Nase einiger Rekruten sowie das Verabreichen von leichten Stromstößen mangels gemeinsamen Tatplans nicht gemäß § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann, sondern es sich insoweit um Exzesse insbesondere des früheren Mitangeklagten S2 handelt.
Dass der Angeklagte H1 bei der ersten Übung im dritten Quartal an der Überwältigung von Rekruten nicht aktiv beteiligt war, sondern seine Gruppe lediglich hat in den Hinterhalt laufen lassen und beim Abladen der Rekruten von den Pritschenwagen mitgewirkt hat, steht seiner strafbaren Beteiligung an dieser Übung nicht entgegen. Auch in diesem Fall leistete der Angeklagte einen notwendigen Beitrag zur Durchführung der Geiselnahmeübung (vgl. BGH, Urteil v. 14.01.2009, Az.: 1 StR 554/08,Rn. 50, zitiert nach juris).
Ebenso sind das Herrichten des Kellers durch den Angeklagten A2 bei der zweiten Übung und die Mitwirkung an der Marschüberwachung bei der vierten Übung als strafbare Beteiligungen an den jeweiligen Geiselnahmeübungen zu bewerten (vgl. BGH, Urteil v. 28.10.2009, Az.: 1 StR 205/09, Rn. 106-109, zitiert nach juris).
Die Angeklagten handelten rechtswidrig und schuldhaft. Insbesondere greift hier nicht der Schuldausschließungsgrund nach § 5 Abs. 1 WStG. Nach dieser Vorschrift trifft einen Untergebenen bei Begehung einer rechtswidrigen Tat auf Befehl, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, eine Schuld nur, wenn er erkennt, dass es sich um eine rechtswidrige Tat handelt oder dies nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich war. Hier haben die Angeklagten die Rechtswidrigkeit der Geiselnahmeübungen möglicherweise nicht positiv erkannt. Nach den ihnen bekannten Umständen lag die Rechtswidrigkeit der Übungen jedoch auf der Hand. Ein insoweit maßgeblicher Umstand stellt bereits die Kenntnis der Angeklagten dar, dass eine solche Geiselnahmeübung nicht von der damals geltenden AnTrA 1 abgedeckt war (vgl. BGH NJW 2009, 1360, 1364 f., Rn. 48). Für die Angeklagten A1, H1 und A2 kommt hinzu, dass sie bereits im Rahmen einer vorbereitenden Ausbildung für ihren Auslandseinsatz an einer Geiselnahmeübung teilgenommen hatten, die vorher angekündigt, psychologisch betreut und auch mit geringeren Strapazen verbunden war. Insbesondere ging diesen zulässigen Geiselnahmeübungen kein nächtlicher Orientierungsmarsch voraus. Auch vor diesem Hintergrund war es für diese drei Angeklagten offensichtlich, dass die von R1 und S1 vorgeschlagene Form einer Geiselnahmeübung in der Allgemeinen Grundausbildung ohne Zweifel unzulässig war.
V.
Strafzumessung
Die Kammer hat von der in § 5 Abs. 2 WStG ausdrücklich genannten Möglichkeit Gebrauch gemacht, von Strafe abzusehen (§ 60 StGB). Die Schuld der Angeklagten ist als gering zu bewerten. Auch wäre die Verhängung einer Strafe angesichts der Folgen der Tat(en), die die Angeklagten getroffen haben, offensichtlich verfehlt.
Nach § 5 Abs. 2 WStG kann bei Vergehen von Strafe abgesehen werden, wenn die Schuld des Untergegebenen mit Rücksicht auf die besondere Lage, in der er sich bei der Ausführung des Befehls befand, gering ist. Die verwirklichten Straftatbestände stellen Vergehen dar. Auch ist die Schuld der Angeklagten bei einer Gesamtwürdigung der Umstände als gering einzustufen. Insofern ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Übungen von dem Kompaniechef T1 abgesegnet worden waren. Es war zwar objektiv offensichtlich, dass diese Genehmigung nicht im Einklang mit der AnTraA 1 stand und die Übungen daher rechtswidrig waren. Gleichwohl ist nicht davon auszugehen, dass die Angeklagten dies positiv erkannt haben. Weiter ist zu berücksichtigen, dass keiner der Angeklagten an den für die Rekruten besonders belastenden Handlungen im Rahmen des Verhörs mitgewirkt hat und ihnen diese auch nicht zuzurechnen sind. An den Stromschlägen und dem gewaltsamen Pumpen von Wasser in Mund, Nase oder Hose einiger Rekruten waren die Angeklagten weder beteiligt noch wussten sie hiervon. Darüber hinaus hat die Kammer nicht übersehen, dass sich nahezu keiner der Rekruten – auch nicht nach Bekanntwerden der Vorwürfe – über die Übungen beschwert hat. Die Übungen datieren im Übrigen aus dem Jahr 2004. Mittlerweile sind über sechseinhalb Jahren verstrichen. Neben dem besonderen Umfang des Verfahrens, der sich aus der Anzahl der zu vernehmenden Rekruten ergab, und wegen der Ausschöpfung von Rechtsmitteln beruht die lange Verfahrensdauer auch auf divergierenden Rechtsansichten, die erst zur teilweisen Nichteröffnung durch die 8. Strafkammer des Landgerichts, dann der uneingeschränkten Eröffnung durch das Oberlandesgericht Hamm, sodann zu Freisprüchen durch die 8. Kammer des Landgerichts und schließlich zur Aufhebung dieser Freisprüche durch den Bundesgerichtshof führten. Nach der Zurückverweisung sämtlicher Verfahren an die erkennende Kammer war eine schnelle Förderung des Verfahrens wegen vorrangig zu bearbeitender Haftsachen nicht möglich. Diese Verzögerung der Verfahrensbeendigung ist jedenfalls zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigen.
Schließlich waren die Folgen der Taten auch abgesehen von der langen Verfahrensdauer für die Angeklagten so schwer, dass die Verhängung einer Strafe daneben offensichtlich verfehlt wäre. Für sämtliche Angeklagten bedeutete das Bekanntwerden der Vorwürfe praktisch das Ende der Karriere in der Bundeswehr, was auch mit finanziellen Einbußen verbunden war. Alle Angeklagten sahen sich gezwungen, sich noch einmal beruflich umzuorientieren. Gerade im Bereich des öffentlichen Dienstes war dies trotz intensiver Bemühungen angesichts des sich über Jahre hinziehenden Strafverfahrens mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Gemessen an der Schwere der Vorwürfe sahen sich die Angeklagten auch einem weit überdimensionalen medialen Interesse ausgesetzt, was in Einzelfällen zu Schwierigkeiten im persönlichen Umfeld führte. Letztlich sind auch die wirtschaftlichen Folgen des Verfahrens für die Angeklagten immens, da sie je nach Grad der Beteiligung die Kosten des sich insgesamt über knapp ein Jahr erstreckenden Verfahrens vor der 8. Strafkammer, die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel und auch die Kosten dieses Verfahrens zu tragen haben.
VI.
Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung findet ihre rechtliche Grundlage in den §§ 464d, 465 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 473 Abs. 1 S. 1 StPO. Bei Verteilung der Kosten des Verfahrens vor der 8. Strafkammer ist berücksichtigt worden, dass die dortige Beweisaufnahme der Aufklärung der Umstände aller vier Geiselnahmeübungen diente, die Angeklagten hieran aber teilweise gar nicht und auch in unterschiedlichem Maße beteiligt waren. Auch ist in Rechnung gestellt worden, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Aufklärung der Geschehnisse im Zusammenhang mit den Verhören für eine Verurteilung der Angeklagten schon nicht erforderlich war, im Übrigen diese Untersuchungen zu Gunsten der Angeklagten ausgegangen sind, weil ihnen nicht nachgewiesen worden konnte, dass sie an den Verhören beteiligt waren bzw. von der konkreten Art und Weise der Durchführung der Verhöre Kenntnis hatten.